Das Hamburger Projektbüro Angewandte Sozialforschung:

In und mit der Hamburger Zivilgesellschaft sozialwissenschaftlich forschen

ReferentInnen:

 Kea Glaß     (Universität Hamburg)

Prof. Dr. Kai-Uwe Schnapp     (Universität Hamburg)

Datum: 14.03.2019

Employability gilt als das zentrale Leitmotiv der Bologna-Reform, welches in der Hochschulpolitik kontrovers diskutiert wird. Trotz vieler kritischer Stimmen, dass Bologna das Gegenteil des humboldtschen Bildungsideals sei1, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass nur ein sehr geringer Teil der Hochschulabsolventinnen und -absolventen eine Wissenschaftskarriere anstreben, wohingegen die Mehrheit2 für die spätere Berufspraxis vorbereitet werden muss. Laut Ludwig sollten die Studierenden einen berufsfähigen Abschluss erhalten, der sie dazu qualifiziert professionell zu handeln.Professionelles Handeln bedeutet, das Wissen einer Fachdisziplin auf konkrete gesellschaftliche Probleme anwenden zu können, um diese zu lösen.

Um jedoch Fachinhalte adressatengerecht in die Praxis transferieren zu können, bedarf es spezieller Fähigkeiten, die Absolventinnen und Absolventen mitbringen müssen. Dazu zählen unter anderem der gezielte Einsatz von Kommunikationsstrategien, die Fähigkeit Probleme zu lösen, ein Verständnis über gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Diversitäten, Projektmanagementerfahrungen, Team- fähigkeit und vieles mehr. Doch inwiefern kann den Studierenden professionelles Handeln im Rahmen universitärer Lehre vermittelt werden? Diverse Lehr-Lern-Konzepte, wie beispielsweiseforschungsbasiertes -, forschungsorientiertes -, forschendes - oder projektorientiertes Lernen, setzen ihren Schwerpunkt auf selbständiges und nachhaltiges Lernen. In diesem Zusammenhang können mithilfe des US-amerikanischen Forschungsansatzes Community-based Research (CBR) projektorientiert unter anderem nachhaltig berufsrelevante und persönlichkeitsstärkende Fähigkeiten vermittelt werden, um Studierende so als Professionelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft auszubilden.

In Community-based Research-Projekten wird anders als in der herkömmlichen universitären Forschung nicht über eine Community, sondern gemeinsam mit ihr als gleichberechtigter Partner geforscht. Am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Hamburg gibt es seit dem WS18/19 ein neues Lehrformat mit dem Titel „In und mit der Hamburger Zivilgesellschaft sozialwissenschaftlich forschen“, welches vom Universitätskolleg3 gefördert wird. In einem zweisemestrigen Seminar führen derzeit Bachelor- und Master-Studierende der Soziologie und Politikwissenschaft gemeinsam mit der Hamburger Zivilgesellschaft ein Forschungsprojekt auf Augenhöhe durch und leisten somit eine wichtige Transferleistung für unsere Stadt und Gesellschaft. Ziel dieses Seminars ist es, den ForschungsansatzCommunity-based Research konsequent in allen Forschungsschritten in einem zivilgesellschaftlichen Praxisprojekt umzusetzen. Unter dem Stichwort "gut alt werden in Bergedorf" setzt sich das Seminar mit dem "Haus im Park“ (gefördert durch die Körber Stiftung) auseinander - einer Einrichtung in Hamburg- Bergedorf, die Menschen die Möglichkeit gibt, auch im fortgeschrittenen Alter ihr Leben und ihre Umgebung aktiv mitzugestalten. Die Studierenden sollen sich in Gruppen gemeinsam mit der Bevölkerung Bergedorfs und Mitgliedern des „Haus im Parks“ diesem Thema intensiv widmen, indem sie gemeinsam eine Fragestellung, ein Forschungsdesign und ein Erhebungsinstrument erarbeiten. Daraufhin folgt die gemeinsame Datenerhebung, Datenauswertung und –Interpretation sowie das Verfassen eines Forschungsberichtes. Im letzten Schritt sollen die Studierenden und die Zivilgesellschaft gemeinsam die gewonnenen Ergebnisse diskutieren, um daraus konkrete Handlungen für das „gemeinsam alt werden in Bergedorf“ ableiten zu können.