Shakespeare's Serial Returns: The Tempest (1610) & Westworld (2016)

Prof. Dr. Christina Wald, Universität Konstanz

In der aktuellen amerikanischen Fernsehserie Westworld wird Urlaubern ein ganz besonderes Erlebnis geboten: Ein mit menschenähnlichen Robotern bevölkerter Vergnügungspark macht den Wilden Westen für Besucher hautnah erlebbar. Bereits in der ersten Folge weicht allerdings einer der Androiden plötzlich von seinem Skript ab. Peter Abernathy ist eigentlich auf die Rolle des liebenden Familienvaters auf seiner Ranch im Wilden Westen programmiert, doch eines schönen Morgens flüstert er seiner Tochter Dolores auf der Veranda verstörende Sätze ins Ohr: „Hell is empty, and all the devils are here.“ Als Abernathy zur Analyse und Reparatur ins Labor gebracht wird, kündigt er in weiteren fremd anmutenden, furchterregenden Sätzen seine erbarmungslose Rache an den Anwesenden an. Das Team wendet sich ratlos an Robert Ford, den Schöpfer der Androiden: „What the hell was that?“ Ford kann sein Team beruhigen: „Shakespeare.“ Der Farmer zitiere Literatur, mit der er in einer früheren Rolle als Professor programmiert gewesen sei, allen voran die Dramen William Shakespeares: „No cause for alarm. Simply our old work coming back to haunt us.“ Mit dieser expliziten Bezugnahme stellt sich die SciFi-WesternSerie in die Tradition des frühneuzeitlichen Dramatikers, und zwar durchaus auf selbst-ironische Weise, heißt die erste Episode doch „The Original“.

Das Projekt „Shakespeare’s Serial Returns” untersucht diese Rückkehr Shakespeares in Westworld und anderen aktuellen Fernsehserien, die dem Phänomen des complex TV oder quality TV zuzurechnen sind. Was hat es mit dieser heimsuchenden Qualität des alten Werkes auf sich? Welche unerwarteten Shakespeare'schen Erinnerungsspuren schreiben sich mit welchem Effekt in die Serien ein? Und wie verändert sich unser Blick auf Shakespeare durch diese Umschreibungen?

Datum: 2018-12-10