Migration als Komödie. Das dramaturgische Potenzial kultureller Konflikte im Spielfilm

Prof. Dr. Andreas Schreitmüller

Einwanderung und Integration werden im gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskurs, innerhalb und außerhalb der Medien, nahezu ausschließlich als Problem diskutiert. Es ist bei genauer Betrachtung daher umso bemerkenswerter, dass auf der anderen Seite ein nicht unbeträchtlicher Teil der Spielfilm-Produktionen, insbesondere der Filmkomödien, sich kulturelle Konfliktlinien zu Nutze macht, um wirkungsvolle Ausgangssituationen für spannende, witzige, emotionale Erzählkonstruktionen zu schaffen. Man könnte bei einer Überblicksdarstellung sogar fast den Eindruck gewinnen, dass der Zusammenprall inkompatibler kultureller Milieus (nicht nur zwischen Orient und Okzident!) ein konstitutives Merkmal namentlich des komödiantischen Genres, von der klischeetriefenden  Klamotte über die Romantic Comedy bis zur ätzenden Filmsatire darstellt. Und da Filme bekanntlich viel Geld kosten und die Investitionen mindestens wieder eingespielt werden sollten, kann es sich bei dieser thematischen Engführung nicht ausschließlich um gemeinnützige Aktionen wohlgesinnter Filmemacher handeln. Vielmehr muss es beim zahlenden Publikum offenkundig auch ein Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Fremden geben. Es scheint angebracht, den Mehrwert neuer kultureller Erfahrungen in Rechnung zu stellen und die Auseinandersetzung mit fremden Kulturen nicht nur als anstrengend und problembehaftet, sondern auch als vergnüglich und bereichernd wahrzunehmen.

Datum: 2016-11-28